Archiv Mai 2013

Sechs, es sind sechs

Gestern Abend habe ich mit meinem Onkel telefoniert. Auch wenn wir nicht allzu engen Umgang haben, ist er doch Familie und mein Patenonkel.

Zwei Erkenntnisse blieben zurück:

  1. es ist schlimmer als ich dachte. Der Tumor an der Prostata wurde erst spät erkannt und hat bereits in die Lymphknoten und Knochen gestreut. Heilung gibt es keine, aber die Chance, die Krankheit medikamentös zurückzudrängen und, so Gott will, zu beherrschen. Gelingt dies, kann er noch Jahre leben. Wenn nicht, dann nicht. Im Moment versuchen sein Arzt und er (ebenfalls Arzt) einen geeigneten Cocktail zu mischen. Mit mäßigem Erfolg bisher, aber es gibt wohl noch einige Optionen. Außerdem hat er eine Spinalkanalstenose welche ihn daran hindert, länger als drei Stunden am Stück zu schlafen. Das kombiniert mit den Nebenwirkungen der Krebsbehandlung sei, seine Worte, „nicht nur witzig.“.
  2. beide Urgroßväter väterlicherseits sind am Prostatakrebs gestorben. Das erzeugt nicht wirklich ein Gefühl der Gelassenheit.

Ich habe ihm versprochen, mich regelmäßig nach dem Fortgang zu erkunden. Darüber hat er sich hörbar gefreut. Allerdings habe ich gleich darauf hingewiesen, daß es demnächst zu Verzögerungen kommen kann, da große Dinge anstehen. Fand er nachvollziehbar und hat sich auch darüber gefreut, das Nachwuchs in die Familie kommt.

Also geht es weiter wie seinerzeit: abwarten und das Beste hoffen.

Orwell in echt

Microsoft hat die neue Xbox vorgestellt. Den ganzen technischen Schickimicki lasse ich mal weg und konzentriere mich auf die Möglichkeit zur Sprachsteuerung des Geräts.

Damit das möglich wird, muß der Kinectsensor 24/7 an sein und zuhören. Außerdem hat der Sensor eine Kamera, die zur Raumüberwachung taugt. Da die meisten Xboxen wahrscheinlich auch einen Internetzugang haben werden, ist es nicht weiter schwierig, sich vorzustellen, daß da jemand die Kontrolle das Gerät übernimmt. Da Microsoft ein amerikanischer Konzern ist, liegt der Gedanke nahe, daß eine der Sicherheitsbehörden sich früher oder später aufschalten wird. Homeland Security sei da das Stichwort.

Geht das nur mir so oder erinnen diese Dinger auch jemand anderen an die Teleschirme aus Orwells 1984?

Da waren es dann fünf

Pfingstmontag, kurz vor zehn. Alles gut bis hierhin. Einigermaßen ausgeschlafen, in Ruhe gefrühstückt, alles prima.

Das Telefon lärmt und behauptet, ein anonymer Anrufer möchte uns sprechen. In neun von zehn Fällen ist das meine Mutter, denn sie hat die Rufnummernübermittlung aus. Weil sie nicht weiß was das ist und es sie auch nicht interessiert.

Der erste Satz verheißt Übles: „Setz Dich mal hin.“ Kurz und knapp: mein Patenonkel hat Prostatakrebs. Bestrahlung hat er schon hinter sich, Chemo läuft gerade. Auch wenn wir kein sonderlich enges Verhältnis miteinander haben, hat mich das doch etwas aus der Bahn geworfen. Denn damit ergibt sich väterlicherseits folgende Statistik:

  • Urgroßvater an Krebs gestorben (Prostata? Man weiß es nicht, ist ja schon einige Zeit her),
  • beide Großeltern Krebs (Großvater Magenkrebs, an dem er wohl auch gestorben ist, seine Frau zweimal Brustkrebs, den sie aber überlebt hat),
  • Vater an Krebs gestorben,
  • Onkel hat Krebs (wobei ich mal das Beste hoffe).

Dann gab es wohl auch noch meines Vaters Onkel Matthias, der an Magenkrebs gestorben ist.

Mütterlicherseits hätte ich anzubieten

  • einen Opa, der so jung gestorben ist, das ich ihn nicht kennengelernt habe,
  • eine Oma, die an Parkinson elend verreckt ist,
  • eine Tante, die an einem Hirntumor gestorben ist
  • einen Onkel, der an entweder an einem Herzinfarkt oder Lungenkrebs gestorben ist (ich meine Herzinfarkt),
  • einen Onkel, der entweder an schwerem Alkoholismus oder einem Lungentumor gestorben ist,
  • einen Onkel, von dem ich nicht weiß, woran er gestorben ist, da man vergessen hatte uns mitzuteilen, daß er tot ist.

Auf beiden Seiten Seiten gibt es eine ungesunde Neigung zum Alkohol über verschiedene Generationen hinweg.

Nicht wirklich ermutigend. Eine Bitte meines jüngst erkrankten Onkels war dann auch, doch bitte jährlich zur Krebsvorsorge zu gehen. Dem komme ich gerne nach, denn schließlich habe ich vor, auf den Hochzeiten meiner Kinder wenn schon nicht zu tanzen, dann doch wenigstens anzustoßen. Das geht einfach am Besten, wenn man noch einen Puls hat. Passenderweise war ich erst Anfang Mai bei einem Checkup durch den Hausarzt. Die Befunde waren erfreulich: Prostata ok, Cholesterinwerte absolut ok, Leberwerte auch. Sogar der Harnsäurewert, der bei meiner Ernährungsweise eigentlich jenseits von allem sein sollte, ist ok.

Als nächstes werde ich dann mal mit meinem Hausarzt einen Termin machen, bei dem ich Dinge wie einen Vorsorgeplan (wenn es so etwas überhaupt gibt) und eine Patientenverfügung besprechen möchte. Schadet nix und ist im Eventualfall enorm hilfreich. Genauso wie der Organspendeausweis, den ich permanent dabei habe.

Endspurt

Es herrschte mal wieder Pause hier.

Das hat einen Grund: für den zu erwartenden Neuankömmling wurde alles Notwendige beschafft und in Form gebracht, d.h. Möbel, Kleidung und Zubehör wurden von diversen Bekannten gesammelt, gesichtet und (je nach Verwendbarkeit) aussortiert oder gewaschen. Große (Kinderwagen) und kleine (Mobile) Anschaffungen wurden getätigt. Dabei fiel uns auf, wie unverzichtbar im Grunde Bekannte und Freunde sind, die ihre Babysachen nicht weggeworfen haben, nachdem das Kind herausgewachsen war, sondern sie aufbewahrt haben zwecks Weiterreichung an das nächste werdende Elternpaar. Hätten wir den ganzen Kram kaufen müssen, gäbe es bis zum Ende des Jahres nur Brot mit Marmelade. Was das alles kostet bzw kosten würde ist unwahrscheinlich. Aber egal, uns kostet es eine Einladung zum Grillen und damit gut.

Außerdem habe ich das Kinderzimmer bezugsfähig gemacht, d.h. Tapeten an die Wand geklebt und Teppich verlegt. Hätte mir vor zwei Jahren jemand gesagt, daß ich jemals selber Teppich verlegen würde hätte ich ihn ausgelacht.

Tapeten: sehr schöne Begebenheit. Die Kleine und ich sind losgezogen, um Wandbehänge zu erstehen. Mein Argument, der Kurzen wäre das vollkommen schnuppe, ob da was an der Wand klebt wurde ignoriert verhallte ungehört. Maßgabe war, es solle durchaus eine geschmackvolle Tapete sein und rosa sei zu vermeiden. Mädchen hin oder her. Trotz langer Sucherei fanden wir nichts. Entweder schön und mit 25 Euro die Rolle überteuert oder schön und nicht auf Lager, Bestellung dauert ca fünf Werktage, was zu lange gewesen wäre. Also haben wir vereinbart, daß die Kleine am nächsten Tag noch einmal alleine loszieht, da ich wieder arbeiten mußte. Im Laufe des Tages dann ein Anruf der Kleinen. Mit zitternder Stimme deklamiert sie „Du wirst mich umbringen!“ (manchmal hat sie einen Hang zur Theatralik). Lange Rede, schwacher Sinn: zwei Wände erstrahlen jetzt im schönsten rosa.

Auch die Kleine rüstet sich langsam aber sicher zum Endspurt. Nachdem sie schon seit längerem immer wieder mal Übnungswehen hatte, kommen jetzt verstärkt Senkwehen hinzu. Diese sind wohl einigermaßen unangenehm, haben aber schon Erfolge gezeitigt: der Bauch sitzt nicht mehr so hoch wie noch vor zwei Wochen. Dadurch bekommt die Kleine wieder besser Luft, weil die Lunge mehr Platz hat, muß im Gegenzug aber noch häufiger aufs Klo, da die Blase jetzt weggedrängt wird.

Noch 40 Tage bis zum errechneten Termin…