Archiv Mai 2011

Ich verstehe ihn nicht

Sohn gehört ja nicht von Haus aus zu den allerdraufgängerischsten. Man könnte auch ohne Übertreibung sagen, daß er eher vorsichtig und zurückhaltend ist und das Risiko scheut. Neuem ist er auch eher abhold, ist dort aber (je nach Tagesform, Luftdruck und Mondphase) schon für kleinere Experimente offen.

Trotzdem waren wir (er, die Kleine (meine Freundin) und ich) im Hochseilgarten.

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Jetzt aber los

Wie mir gestern mitgeteilt wurde, stehe ich zum ersten Mal seit langer mit aktueller Adresse und Telefonnummer im aktuellen Telefonbuch.

Das erklärt, warum ich schon wieder den Drang verspüre, meine Habseligkeiten in Kisten und Kartons zu verfrachten und an einen neuen Ort zu verfrachten.

War nur ein Witz. Immerhin habe ich meiner Mutter versprochen, bis mindestens zum Sommer in dieser Wohnung zu bleiben.

Zeitreisen einfach gemacht

Zeitreisen sind schon seit ewigen Zeiten ein Menschheitstraum. Was da nicht alles an Apparaturen erdacht wurde. Nur von Schriftstellern und Drehbuchschreibern, aber immerhin. Dabei ist es so einfach. Zumindest für mich.

Nämlich so: man bereite eine große Schüssel Götterspeise (grün oder rot, auf keinen Falle gelb) sowie einen guten Liter Vanillesauce zu. Sodann häufe man sich eine extraüppige Menge von ersterem in eine Schüssel und gieße einen ordentlichen Hieb von letzterem darüber. Einen Löffel gegriffen und reingehauen.

Zack

Schon bin ich gedanklich wieder in Omas Küche, sitze auf dem alten, abgeschabten und durchgesessenen Sofa an einem großen Tisch, dessen Wachstischtuch nur ein oder zweimal gewechselt wurde. Nicht pro Jahr, insgesamt. Mir gegenüber der alte Kohleofen, auf dem zu Zeiten, als mein Vater noch ein Junge war gekocht wurde und der lange Jahre (bis zum Einbau einer Zentralheizung) für die Erwärmung der Küche zuständig war. Manchmal durfte ich den Ofen mit Holz bestücken: ein Highlight. Im Wohnzimmer stand für diesen Zweck ein Kohleofen. An den durfte ich aber nicht ran. Rechts neben dem Sofa das Waschbecken mit fließend kaltem Wasser. Wer warmes Wasser haben wollte, mußte den antiken Wasserkessel befüllen und auf dem Herd erhitzen. Mangels Badezimmer in der Wohnung (eigentlich im ganzen Haus) wurde dort auch die Körperreinigung vorgenommen. An der linken Wand der weiß lackierte Küchenschrank aus Massivholz, angeschafft vor dem zweiten Weltkrieg (kein Witz). Tausend Fächer und Laden und hinter gar nicht wenigen verbarg sich etwas eßbares. Rechts an der Wand daß einzige Zeichen von Moderne: ein vierflammiger Gasherd. Nicht das in der Wohnung ein Gasanschluß vorhanden war. Es wurden Flaschen hochgeschleppt.
Nicht zu vergessen: mir gegenüber am Tisch sitzt jemand. Oma. Die ich, weil sie solange es ging Hühner hatte, genauso genannt habe: Oma Hühner. Wie immer hat sie ihre Zähne in der Tasche. Diese Tasche ist Teil einer Schürze, die sie ebenso selbstverständlich trug wie sie oder ich ein T-Shirt. Oma ohne Schürze gab es nur bei ganz ausgesuchten Gelegenheiten. Oma mit Zähnen im Mund statt in der Tasche noch seltener. Immer hatte sie Angst, daß jemand verhungern könnte. Glaube ich jedenfalls, denn was sie als Mengengerüst für einen Mittagstisch mit fünf Personen (meine Eltern, Oma, Opa, ich) angesetzt hatte, suchte seinesgleichen.

Zack

Der letzte Löffel Götterspeise ist gegessen, der letzte Tropfen Vaillesauce aus der Schüssel geleckt und ich bin wieder in meiner Wohnung, im heute. Leichtes Bedauern macht sich breit, wird aber schnell von der Gewißheit überdeckt, die Zeitreise jederzeit wieder antreten zu können.

Alles was ich brauche sind Götterspeise und Vanillesauce. So einfach kann das sein.

Das Wichtigste der vergangenen Wochen

Der Ostersonntag.

Denn das war der Tag, an dem Juniors Motorradausstattung zum ersten Mal für den Ernstfall gebraucht wurde. Man (seine Mutter, die Kleine, er und ich) trafen sich nachmittags auf dem Stadionvorplatz um ihn, so die Legende, an mich zu übergeben. Allerdings hat er wohl schon bei der Anfahrt sowohl das Motorrad als auch seine Klamotten gesehen und war kaum noch zu bremsen. Umziehen und dann los. Nach einigen warmen Worten darüber, was ihm drohe, wenn er hinter während der Fahrt Sperenzchen machen würde (sofortiges Absetzen in der nächsten Ortschaft, abholen per Auto und Verbannung der Ausrüstung in den Keller für den Rest der Saison) ging es los. Sohn ist von der eher expressiven Sorte, wenn es darum geht, Freude zu bekunden. Sein Gejubel und Freudengeheul war nach Aussage der beiden Frauen schon aus zehn Metern Entfernung zu hören. Wir haben dann ein bißchen herumexperimentiert, wie sich das mit dem Anfahren verhält (eben ganz anders als vom Fahrrad bekannt), wie wichtig es ist, sich richtig festzuhalten (was erst mit diesem Hilfsmittel richtig geht, dann aber richtig gut), was der Sozius beim Kurvenfahren tun muß (mit runtergehen, anderenfalls droht ernste Gefahr) und so weiter. Wir sind dann ein gutes Stündchen herumgekurvt und Sohn hat, so hoffe ich jedenfalls, Blut geleckt. Am Ostermontag sind wir dann zu meiner Mutter zum Mittagessen gefahren. Standesgemäß mit dem Zweirad. Auf dem Hinweg nur durch die Stadt, auf dem Rückweg auch ein Stück Autobahn. Das mußte er natürlich brühwarm meiner Ex-Schwiegermutter erzählen, die schon bei dem Gedanken, daß er alleine, ohne Polizeieskorte und großflächige Sperren, die Straße überquert der Ohnmacht nahe ist. Angeblich mit folgenden Worten „Omi, wir sind mit hundert Sachen gefahren.“. Dabei stimmt das gar nicht.

Seitdem sind wir noch ein paar Mal unterwegs gewesen, unter anderem an einem Motorradtreff in der Gegend. Was Sohn ganz großartig fand, zumal er eine Menge wohlwollende Blicke der anwesenden Fahrer bekommen hat. Eine Idee war es auch, den jährlichen Männerurlaub vielleicht in einer kurvenreichen Gegend mit dem Motorrad zu verbringen. Mal schauen, was daraus wird.

Was Sohn an dieser Motorradgeschichte am meisten beeindruckt ist, glaube ich, die Abhängigkeit zwischen dem Fahrer und seinem Sozius. Das er, obwohl er nicht die Maschine fährt, uns sehr wohl in ernste bis lebensbedrohliche Schwierigkeiten bringen kann hat er begriffen. Und das ich ihm trotzdem so sehr vertraue, daß er mitfahren darf, macht ihn imho sehr sehr stolz.

Das jedenfalls war der Höhepunkt der vergangenen Zeit. Es gab noch einiges andere, was sehr schön war, aber das war klar der Höhepunkt.

Sche***, schon wieder so lange her?

Kurzes Update: es geht mir so unglaublich gut in den letzten Monaten wie schon seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr. Einen Punkt gibt es noch, der zur totalen Zufriedenheit fehlt, aber auch daran wird mit Hochdruck gearbeitet.

Ich werde später am Tag versuchen, die vergangenen Wochen zusammenzufassen.