Rauschen im Blätterwald

Rauschen im Blätterwald

Ist ja mal wieder Sommerloch, auch wenn man es beim Blick aus dem Fenster kaum glauben mag.

Und wie jedes Jahr fallen aufgrund der eher mauen Nachrichtenlage die kleinen Nachrichten, die man sonst einfach übersehen hätte, umso mehr auf.

Momentan rauscht es ganz schön über das Thema, ob Peter Altmaier schwul ist oder nicht. Oder vielmehr: darf eine Zeitung spekulieren, ob er schwul ist oder nicht? Die BamS hatte ihn gefragt, warum man ihn noch nie in weiblicher Begleitung gesehen hätte und seine Antwort war schwammig

[…]Doch der liebe Gott hat es so gefügt, dass ich unverheiratet und allein durchs Leben gehe.[…]

Das kann alles oder nichts bedeuten, und so hat es die taz in Form ihres Redakteurs Feddersen auf sich genommen, diese Worte für uns zu „dechiffrieren“ (das hat der tatsächlich so gesagt). Später wurde der Artikel wieder aus dem Netz genommen und die Chefredakteurin der taz entschuldigte sich mit den Worten (Quelle)

[…]politisch wie moralisch ist die sexuelle Orientierung eines Menschen irrelevant. Sie ist Privatsache. Entsprechend sollte sich die taz weder an Zwangsoutings noch an Gerüchten über die sexuelle Orientierung beteiligen.[…]

Und jetzt herrscht eine rege Diskussion. Ob es richtig war, zu spekulieren. Oder den Artikel zurückzuziehen. Ob die sexuelle Orientierung Privatsache ist.

Bei dem von mir gern gelesenen Stefan Niggemeier gibt es einen Artikel im Blog, der mich eher verstört. Da finden sich Stellen wie

Denn die »sexuelle Orientierung« von Menschen gilt in den Medien nur dann als »Privatsache«, wenn die betreffenden Menschen schwul oder lesbisch sind. Die Information, dass ein Mann mit einer Frau zusammen oder verheiratet ist, gilt hingegen keineswegs als schützenswerte »Privatsache«. […]

Meine Meinung: es ist jedermanns ganz eigene Entscheidung offenzulegen, ob und mit wem er zusammen ist. Das gegengeschlechtliche Paare dieses häufiger tun liegt wahrscheinlich daran, das ihnen weniger zweifelhafte Reaktionen entgegenschlagen. Denn so weit sind wir noch nicht, das homosexuelle Paare als das wahr- und hingenommen werden, das sie sind: nichts besonderes. So ist es für mich nachvollziehbar, wenn sich jemand entscheidet, seine Homosexualität für sich zu behalten. Gerade wenn er oder sie an so herausgehobener Position wie einem Kabinettstisch sitzt.

Dadurch, dass man Homosexualität — anders als Heterosexualität — als etwas besonders Intimes, Privates, Verheimlichenswürdiges darstellt, trägt man zur Diskriminierung von Schwulen und Lesben bei.[…]

Meine Meinung: also soll man sie alle in die Öffentlichkeit zerren, ob sie wollen oder nicht? Und wenn sie dann für alle und jeden gut sichtbar als homosexuell dastehen, dann erledigt sich das mit der Diskriminierung von alleine? Ich glaube kaum. Wer sich nicht outet, hat seine Gründe und die sind zu respektieren.

Es ist selbstverständlich eminent politisch, ob und wie schwule Politiker und Prominente zu ihrem Schwulsein stehen. Guido Westerwelle hat in all den Jahren, als er sich weigerte, öffentlich zu seiner Homosexualität zu stehen, ein verheerendes Zeichen gesetzt. Er hat der Welt demonstriert, dass Schwulsein etwas ist, das man am besten verheimlicht, etwas Privates, Peinliches, Schmuddeliges, Gefährliches. […]

Meine Meinung: nö, ist es nicht. Ich bin positiver Gefühle und Meinungen dem Politiker Guido Westerwelle gegenüber völlig unverdächtig, aber hier kann ich nicht zustimmen. Vielleicht hatte er einfach keine Lust, sich mit solch einer Offenbarung der Gefahr auszusetzen von der Boulevardpresse durch den Dreck gezogen zu werden. Vielleicht ist er auch der Meinung, es gehe niemanden etwas wen der Privatmann Westerwelle liebt. Vielleicht ist es auch etwas ganz anderes: wir wissen es nicht und es geht auch niemanden etwas an. Ich würde jedenfalls aus seiner Verschlossenheit zu diesem Thema nicht den Schluß ziehen wollen, Homosexualität sein peinlich, schmuddelig oder gefährlich. Wer so etwas glaubt, der braucht für gewöhnlich auch keine Anregung von außen.

Peter Altmaier ist entweder jemand, der glaubt, dass seine Homosexualität etwas ist, das er verschweigen muss. Oder er wird für schwul gehalten, obwohl er es gar nicht ist. Wenn er selbst nicht bereit ist, für Aufklärung zu sorgen, muss man wenigstens darüber diskutieren dürfen.

Meine Meinung: Oder Peter Altmaier ist der Meinung, es geht die Welt einen Scheiß an, welches Geschlecht er liebt und hat die Gelassenheit, diese vollkommen irrelevante Diskussion an sich vorbei ziehen zu lassen.

Und natürlich darf man über diese Frage diskutieren, ist ja schließlich Sommerloch. Wenn wir Glück haben, taucht in irgendeinem Baggersee noch ein Krokodil auf und dann hat sich das sowieso erledigt.

Schlauschiesser