Ich war Sonntag bei meinen Eltern, mal den Stand der Dinge begutachten, wie es so um meinen Vater steht.
Was soll ich sagen. Er sieht mittlerweile nicht mehr nur schlimm aus, er sieht zum Fürchten aus. An dem ganzen Mann ist nichts mehr dran, außer Haut und Knochen. Er war nie dick, aber auch nie besonders mager. Wenn man ihm heute die Hände auf die Schultern legt, liegen sie direkt auf den Knochen. Das Fleisch, welches mal darüber lag, ist weg. Wenn man das von seinem Vater so sagen darf: er hat buchstäblich keinen Arsch mehr in der Hose.
Dafür aber zwei zusätzliche Chemos bekommen. Eigentlich wäre kommenden Montag die letzte gewesen, aber der behandelnde Arzt hat noch welche draufgelegt. Was genau ihn dazu veranlaßt hat wissen meine Eltern nicht. Sie haben nicht gefragt. Sie sind noch aus einer Generation, in der man tat, was der Doktor verordnet hat. Fragen zu stellen kommt ihnen, glaube ich, gar nicht in den Sinn. Vielleicht wollen sie aber auch nur keine Antworten haben.
Wie zäh mein Vater derzeit ist kann ich nicht beurteilen. Er sagt zwar, daß er diese Krankheit überleben will und wird, regelt aber schon mal mit mir, was mit seinem Auto wird, wenn es doch nicht so günstig (Zitat „zum Äußersten“) kommt. Es ist alles nicht einfach zu durchschauen.
Meine Mutter ist auch nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Sorge um den Mann, mit dem sie seit über 40 Jahren verheiratet ist, frißt sie auf. Berücksichtigt man, daß sie selbst auch nicht die Gesündeste ist, ergibt auch bei ihr kein allzu optimistisch stimmendes Gesamtbild.
Immerhin haben die beiden eingesehen, daß sie den Plan, mit Sohn in den Sommerferien eine Woche wegzufahren, begraben können. Alleine die Fahrt in den Spessart würde meinen Vater so beanspruchen, das er die restliche Zeit brauchen würde, um sich zu erholen. Daß mir bei dem Gedanken, daß er in seiner Verfassung so eine Strecke fährt, äußerst unwohl (vorsichtig gesagt) ist, kommt noch dazu. Er war schon zu guten Zeiten ein, sagen wir mal: vorsichtiger Fahrer. Unsicher wäre passender. Überfordert wäre die präzise Formulierung.
Nun ja. Als Fazit läßt sich sagen, daß noch nichts verloren ist. Es wäre nur schön, wenn man von irgend jemandem eine positive Nachricht bekäme. Daß der Tumor (der ja zweifelsohne da ist, auch wenn niemand so genau weiß, wo) nicht weiter wächst, zum Beispiel. Oder daß die Chemo in irgendeiner Form anschlägt. So etwas.
Bis so etwas kommt, nehme ich gerne, auch im Namen meines Vaters, jedes Daumendrücken mit, daß Sie vielleicht erübrigen können.
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